Linnea und die Hater auf Tiktok: "Es ist eine Art Machtfantasie" (2024)

Gepostet von MADS-Team | 10. Feb 2023 | Top-Storys

Linnea und die Hater auf Tiktok: "Es ist eine Art Machtfantasie" (1)

Foto:Instagram/@linneasky

410.000 Follower und 23 Millionen Likes auf Tiktok – viele Menschen verfolgen den Content der 23-jährigen Linnea. Und die meisten von ihnen sind keine Fans. Linnea wird überdurchschnittlich oft mit bösen Kommentaren überschüttet. Ein Experte erklärt im MADS-Interview, woher dieser Hass kommt und wie man damit umgehen kann.

Regelmäßig teilt die junge Bloggerin Linnea unter dem Usernamen @linneasky auf Tiktok kleine Vlogs mit ihrer Community. Dabei wird sie mit negativen Sprüchen förmlich überschüttet, mehr als viele andere Creatorinnen und Creator auf der Plattform. Es gibt kaum ein Video, unter welchem man keinen Hate findet. Trotzdem lässt sie sich nicht beirren und postet weiterhin Tiktoks über ihren Alltag.

Linnea: „Excuse me, wir haben 2022“

Der Ursprung von Linneas Tiktok-Reichweite liegt im vergangenen Jahr. Als Linnea einen Kommentar dafür erhielt, dass sie keinen BH trägt, reagierte sie in einem Video mit dem Satz „Excuse me, wir haben 2022!“ Das Video ging auf der Plattform viral, und noch immer werden ihre Kommentarspalten mit diesem Satz zugespamt. Zuschauende machen sich offensichtlich darüber lustig. Das zeigen auch viele Videos, die andere Nutzer der Plattform mit dem Sound gepostet haben.

Auch Linneas Aussprache wird oft kritisiert und in den Kommentaren nachgeäfft. Beispielsweise wird sie damit aufgezogen, „Wimperntuschi“ und „Toasti“ zu sagen – Kommentare dieser Art lassen sich bei fast jedem ihrer Tiktoks finden. Viele empfinden die junge Bloggerin als nervig und cringe.

Die 23-Jährige ist nur eines von vielen Beispielen. Wie extrem sich Hass im Netz zuspitzen kann, zeigt der Fall des Youtubers „Drachenlord„. Auch er wurde – teils durch eigene Provokation – mit negativen Nachrichten und sogar Drohungen überschüttet. Da außerdem sein Wohnort bekannt war und von Hatern als Pilgerstätte behandelt wurde, kam es neben der Cyber-Hetze auch immer wieder zu Auseinandersetzungen und Zerstörungen.

Experte gibt Tipps zu Hass im Netz

Woher kommt dieser Hate? Wie kann man als Person des öffentlichen Lebens damit umgehen? Und was macht es mit den betroffenen Personen? Antworten auf diese Fragen hat Cybermobbing-Experte Christian Scherg.

Herr Scherg, ist man selbst verantwortlich für Hate im Netz, wenn man sich öffentlich im Internet präsentiert und somit angreifbar macht?

Das hängt davon ab, wie provokant ich mich im Internet positioniere. Aber: Ich muss damit rechnen, dass wenn ich online gehe, es auch Menschen gibt, denen das missfällt und die anderer Meinung sind. Dementsprechend muss ich das Thema Hate zumindest als mögliche Reaktion einkalkulieren und mich mental, kommunikativ und gegebenenfalls juristisch darauf vorbereiten.

Freuen sich manche möglicherweise auch über Hate und die damit verbundene Aufmerksamkeit?

Ja und Nein. Es gibt genug C-Prominente, die davon leben, dass sie aufmerksamkeitsstarke Dinge tun. Ob diese von allen gut aufgenommen werden, ist dabei nicht nur zweitrangig, sondern manchmal auch gar nicht gewünscht. Aufregung, Provokationen und Skandale sind gerade im Boulevardbereich der Garant für deutlich mehr Publicity.

@linneasky

mein größtes hobby ist karaoke singen auf dem ipad 🤙🏻🫣

♬ Originalton – Linnea

Denken Sie, es beeinflusst diese Menschen trotzdem emotional, gehatet zu werden?

Ja, absolut. An den meisten Menschen geht Hass nicht spurlos vorüber. Insbesondere an Menschen, die nicht darauf vorbereitet sind, Hass zu bekommen. Menschen, die positive Nachrichten vermitteln möchten, das aus persönlicher Überzeugung tun und erwarten, dass sie dafür Anerkennung und Lob im Netz bekommen. Diese Menschen sind dann wahnsinnig erschreckt darüber, wenn sie feststellen, dass es auch eine dunkle Seite von Bekanntheit und Exposition im Netz gibt. Das Schlimme am Hass im Internet ist, dass ich dem nicht entkommen kann. Ich bin zum Beispiel als Influencer 24 Stunden erreichbar und meine Community erwartet, dass ich mit ihr interagiere. Das heißt, dass ich im schlimmsten Fall permanent rund um die Uhr dem Online-Hass ausgesetzt bin. Das nicht nur psychisch belastend – es ist je nach Geschäftsmodell auch existenzbedrohend.

Zur Person

Christian Scherg ist Gründer und Geschäftsführer der Düsseldorfer Agentur REVOLVERMÄNNER. Scherg ist Berater, Autor und Dozent und gilt als einer der profiliertesten Reputations- und Krisenexperten Deutschlands.

Was verleitet Menschen dazu, eine einzelne Person immer und immer wieder zu haten?

Es ist eine Art Machtfantasie. Ich kann Macht ausüben, indem ich andere Menschen zerstöre, kaputt mache. Es ist ein bisschen so, wie das Hänseln auf dem Schulhof, nur oftmals anonym, deutlich vehementer, deutlich verletzender und deutlich bedrohlicher. In der Regel geht es bei den Gründen für den Hass im Netz, um moralische Verfehlungen des Opfers oder offensichtliche Fehler oder Defizite. Es kann sein, dass jemand zu dick ist, zu dünn ist, die Nase zu lang ist. Jemand die falschen Freunde hat, die falschen Dinge gelikt hat. Da hat sich jemand falsch geäußert, einen falschen Witz gemacht, ein falsches Produkt beworben. Jemand ist nicht authentisch, nicht glaubwürdig. Wir haben es mittlerweile mit Gruppen zu tun, die ohne jedes Unrechtsbewusstsein fordern, dass diese Menschen für ihre Verfehlungen gecancelt werden. Sie glauben, wie ein Gericht ein Urteil über diese Person sprechen zu können und vollstrecken dann dieses Urteil direkt auf den sozialen Netzwerken. Wenn sie merken, dass sie mit ihrer Hetze bei dem Opfer durchdringen, dass die Personen darauf reagieren, dann ist dies nur noch mehr Motivation weiterzumachen. Dann spüren sie, dass das Opfer verwundbar ist. Das ist Macht.

Bis sie zu weit gehen.

Darüber, wie sich ihr Opfer wirklich auf der anderen Seite fühlt, denken viele einfach nicht nach. Sie fühlen sich in der Situation im Recht, das zu tun, was sie tun, weil es so viele machen und die Opfer in ihren Augen ja ohnehin selbst schuld sind. In dieser Gruppendynamik wird individuelle Anteilnahme und Empathie ersetzt durch ein vermeintlich kollektives Verantwortungsgefühl, das am Ende allerdings leider in der Masse jeden aus der eigenen, persönlichen Verantwortung entlässt.

Gibt es etwas, das man als Person des öffentlichen Lebens gegen Hate im Netz tun kann?

Die Kernfrage ist: Wer hatet mich eigentlich? Ist das wirklich meine ureigenste Community, die mich hatet? Dann habe ich natürlich ein großes Problem, weil ich dann die Glaubwürdigkeit in meinem inneren Zirkel verloren habe. Oder ist es eine Community, die nicht meine Zielgruppe ist, aber auf mich aufmerksam geworden ist und ohnehin ideologisch eine vollkommen andere Haltung vertritt? Kann ich meine eigene Community motivieren, mir beizustehen? Wenn ich das kann, habe ich ganz gute Karten, nicht nur den Hass zu überstehen, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Ich kann außerdem diese Hater bannen – schließlich habe ich auf meinen eigenen Kanälen so etwas wie „Hausrecht“. Man kann das Ganze auch erst einmal ruhen lassen. Sich zurückzuziehen und den Umgang mit dem Kanal jemand anderem überlassen, der oder die weniger emotional darauf reagiert. Ich kann mich juristisch beraten lassen, je nachdem, wie intensiv der Hass ist. In dem Moment, wo ich beleidigt werde, wo Morddrohungen ausgesprochen werden oder ähnliches, kann ich das ganze zur Anzeige bringen. Was ich nicht tun sollte, ist emotional auf die Kommentare der Hater zu reagieren und zu zeigen, wie sehr es mich verletzt. Wenn ich mit einer solchen Aktion nicht den Zusammenhalt meiner Community stärken kann und mir niemand zur Seite springt, komme ich spätestens jetzt aus dieser Spirale nicht mehr heraus.

Von Merle Pries

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Linnea und die Hater auf Tiktok: "Es ist eine Art Machtfantasie" (2024)

FAQs

How do you use TikTok for art? ›

1. Keep Your Content Short, Snappy and Engaging
  1. Plan your shot and open with the most interesting visual.
  2. Get straight to the purpose of your video – no need to waste time introducing everything.
  3. Make use of TikTok graphics and text to quickly identify the video's purpose.
  4. Use filters and effects to catch the eye.
Feb 18, 2022

What is the point of TikTok? ›

What is TikTok? TikTok is a social media platform for creating, sharing and discovering short videos. The app is used by young people as an outlet to express themselves through singing, dancing, comedy, and lip-syncing, and allows users to create videos and share them across a community.

Why should artists be on TikTok? ›

Conclusion. If you're looking for a new platform to share your visual art, Tiktok has a lot of potential. It's easy to use and has a large audience full of people who are interested in seeing what goes on behind the scenes. You can use it to post behind-the-scenes videos or even highlight your process as an artist!

Can I use copyrighted images on TikTok? ›

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How do artists make money on TikTok? ›

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Is TikTok good or bad for music? ›

To put it simply, TikTok pays out royalties to artists and labels for the use of their music on the platform. Sure, your song might need to be in 100,000s of TikTok videos for you to be making anywhere near decent money, but this licensing agreement system has led to increased revenue for artists.

Is Instagram or TikTok better for artists? ›

While IG allows you to focus more on connecting and staying in touch with others, TikTok can be more beneficial for being seen, getting discovered, and maybe even going viral. Ultimately, it makes sense to use both platforms.

Why are artists taking music off TikTok? ›

1, the Universal Music Group failed to reach their licensing agreement with TikTok. Content creators on TikTok no longer can create videos using music made by artists in UMG, and many TikTokers' videos have gone silent due to the removal of hundreds of songs.

Is TikTok a good platform for art? ›

‌For artists, one of the best things about TikTok is how the app recommends videos. The AI works by: Showing the video to a small sampling of users. Displaying the video to a wider audience if it inspires enough engagement.

How do I work with artists on TikTok? ›

How to join Work with Artists? In your TikTok dashboard under Creator Tools, you'll see Work with Artists. On that page, you'll see if you qualify for and if you do, there's a one-click Apply button you press to enroll you in the program.

Do people sell art on TikTok? ›

If you create art, it is high time to go on TikTok to sell and promote it. This guide will help you get started on the platform, build your audience, and start making money on TikTok.

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